Mein Freund Ingo hat mir die folgende Frage gestellt:
„Da verschiedene Menschen Gerechtigkeit unterschiedlich interpretieren, gibt es Gesetze. Was würde passieren, wenn man diese abschafft und auf das Verantwortungsprinzip bauen würde?“
Ich finde es ist eine sehr interessante Frage.
Nähern wir uns zunächst nochmals dem Thema Gerechtigkeit.
Fragt man sich, ob eine Gesellschaft gerecht ist, so läuft dies darauf hinaus, wie all das verteilt wird, was wir schätzen: Einkommen und Vermögen, Pflichten und Rechte, Befugnisse und Chancen. Ist es also gerecht, wenn 10% der Deutschen 55% des Vermögens besitzen. Dies war am 28.05.2019 in der Zeitung „Die Zeit“ zu lesen. Deutschland sei ein Paradies für Erben lesen wir dort. Die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer sind so hoch, dass größere Vermögen steuerfrei auf die nächste Generation übertragen werden können.
Ist also die Mehrung des allgemeinen Wohls als die Schaffung von Wohlstand für alle gerecht?
Die Schaffung von Wohlstand für alle sei z.B. durch ein gerechtes Steuersystem möglich. Was würde denn nun passieren, wenn der Staat die Steuergesetze aufgibt, keine Steuern mehr erbeben und eintreiben würde? Käme der Staat zu Einnahmen, wenn nach dem Prinzip der Selbstverantwortung gehandelt würde? Ich kann mir vorstellen, dass dies in der Keimzelle der Gesellschaft nämlich der Familie noch möglich ist. Vergrößert man den Radius und nimmt die Wohnstraße mit auf in den Kreis der Selbstverantwortung, so kann dieses Prinzip vielleicht noch funktionieren. Ich denke es stößt aber schon an die Grenze. Auch in diesem Kreis wird man bestimmte Regeln finden, damit etwas für alle am Prozess Beteiligten gerecht ist.
Verantwortung für etwas zu übernehmen hat mit Handlungsfreiheit zu tun.
Dies entspricht der Auffassung, dass du aufgrund einer Entscheidung tatsächlich auch anders hätte handeln können.
Die Philosophen haben sich mit dem Thema Verantwortung auch im Zusammenhang mit dem Thema Freiheit befasst. So sagte beispielsweise Friedrich Nietzsche:
„Sobald man nicht mehr an Gott und an die Bestimmung für ein Jenseits glaubt, wird der Mensch verantwortlich für alles Lebendige“
Als ich mich beim Schreiben dieses Beitrags mit Ina über das Thema unterhalten habe hat sie mir einen Text von Franz X. Bühler geschickt, den ich hier auszugsweise wiedergebe:.
„Grenzgänger ……
Grenzen bilden unsere Persönlichkeit für jedermann sichtbar ab. Kleidung ist auch so eine Grenze. Sie ermöglicht uns einen geschützten Raum und stellt uns gleichzeitig dar, spricht für uns, noch ehe wir etwas sagen.
Im das Eigene zu finden und leben zu können, brauchen wir das rechte Maß, setzen wir Grenzen!
Grenzen zu setzen und einzuhalten bedeutet Respekt vor dem Leben zu bewahren……!
In der mediativen Begleitung der Nachfolge übernehmen die Beteiligten am Nachfolgeprozess tatsächlich eigene Verantwortung, für das was sie regeln wollen. Und das ist Lebendigkeit, die man selber spüren und entwickeln kann. Nicht selten aber mündet die Schlussvereinbarung in eine Art Familienverfassung, die wiederum ein Regelwerk darstellt.
Eine Familienverfassung ist ein auf dem Freiheitsgedanken gegründetes Regelwerk, dass den Umgang in der Unternehmerfamilie regelt. Was alles geregelt werden kann, werde ich dir ein einem der nächsten Blogbeiträge erzählen.
Wir sehen uns
Dein Egbert Schuwardt
Mediator und Berater