(Marie von Ebner-Eschenbach)

Gerne neigen wir als (Lebens-)Berater dazu zu reden und mit eigenen Ideen und Ratschlägen ein Problem eines anderen Menschen zu lösen. Mediation ist gerade von dem Gedanken getragen, dass jeder Mensch selbst in der Lage ist, seine eigenen Lösungen zu finden. Durch den Konflikt, in dem man mit anderen steckt, oder auch bei einem inneren Konflikt, sind die Ideen einfach verbuddelt und müssen ausgegraben werden.

Deswegen ist es nicht nur in der Mediation oder im Coaching folgendes zu beachten:

„Zuhören, Zuhören und nochmals Zuhören!“

Wir kennen doch alle das folgende Phänomen. Ich sitze an meinem Schreibtisch und habe einen Knoten im Denkprozess. Ich stehe auf und gehe zu meinem Kollegen oder Kollegin und erzähle ihr den Sachverhalt und mein Problem. In dem Augenblick, in dem ich das Problem geschildert habe, fällt mir die Lösung ein. Liegt es nun daran, dass ich meine eigentliche Arbeit unterbrochen habe, dass ich im Stehen laut gedacht habe, oder weil mir mein Kollege oder Kollegin aufmerksam zugehört hat, ohne meinen Gedankenfluss zu unterbrechen. Ich meine, dass alles zusammen sehr hilfreich ist, eine kreative Lösung zu finden.

Wenn es ums Zuhören geht, so spricht man vom empathischen Zuhören. Ich greife als Zuhörer (Mediator) ggf. mit eigenen Worten das auf, was mir gesagt wurde, ohne eine eigene Beurteilung der Meinung zu äußern. Mein Gesprächspartner hat für sich alles richtig gemacht und gesagt. Ich wiederhole nur mit eigenen Worten, das, was ich verstanden habe.

Der Redeanteil in einer guten Mediation liegt beim Mediator gerade mal bei 10 % der gesamten Redezeit. Ich gebe zu, dass dies verdammt schwer ist.

Michael Ende hat das empathische Zuhören sehr schön in seinem Kinderbuch MOMO beschrieben:

„Was die kleine Momo konnte wie kein anderer, das war ZUHÖREN!“

Das scheint doch eigentlich ganz einfach zu sein. Wirklich zuhören ist eine Kunst, die wir lernen können. Ich bin mit meiner ganzen Aufmerksamkeit ausschließlich bei meinem Gegenüber. Ich höre nicht nur die Worte, die er spricht, sondern nehme auch wahr, wie die Worte gesprochen werden. Ich registriere die Lautstärke, die Schnelligkeit, wie die Worte sprudeln. Ist die Körperhaltung kongruent zu dem, was ich höre? Oder spricht die Körpersprache etwas völlig anderes aus? „Ich bin entspannt!“ ist das was ich höre, die Füße sind jedoch völlig verkrampft um das Stuhlbein geschlungen. Ich spiegele meinem Gegenüber was ich wahrnehme. „Ich höre, dass Sie gesagt haben, Sie seien entspannt. Ich nehme allerdings wahr, dass Ihre Körperhaltung angespannt ist!“

Ich will mit einem längeren Zitat aus Momo enden: „Und wenn jemand meinte, sein Leben sei ganz verfehlt und bedeutungslos und er nur irgendeiner unter Millionen, einer, auf den es überhaupt nicht ankommt und der ebenso schnell ersetzt werden kann wie ein kaputter Zopf – und er ging hin und erzählte alles der kleinen Momo, dann wurde ihm, noch während er redete, auf geheimnisvolle Weise klar, dass er sich gründlich irrte, dass es ihn genauso wie er war, unter allen Menschen nur ein einziges Mal gab und dass er deshalb auf seine besondere Weise für die Welt wichtig war. So konnte Momo zuhören (Ende Seite 14).“

Der Schlüssel ist empathisches Zuhören und nicht Reden.

In diesem Sinne: „Schuwardt, wir müssen reden!“

Dein Egbert Schuwardt
Mediator | Coach | Berater

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2 Kommentare

  1. Dass es daran so sehr mangelt, erleben wir im Moment überall. Umso wichtiger, dass wir uns gerade jetzt mit unseren Ängsten und Sorgen gegenseitig umso intensiver mit dem Herzen zuhören und wahrnehmen.

    1. Ja, ich hoffe mein kleiner Beitrag trägt ein wenig dazu bei das langsam ins Unterbewusstsein sickert, dass man Konflikte auch anders lösen kann als mit Gewalt.

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