Schon wieder erlebe ich etwas selbst, was mit Mediation zu tun hat. Leider ist meine Ehe vor einigen Jahren gescheitert.

Wir haben zur damaligen Zeit nicht gesprochen und wir begannen unser kleines „Vermögen“ zu teilen und den Unterhalt zu regeln. Leider waren wir zu diesem Zeitpunkt sprachlos.

Meine Frau nahm sich eine Anwältin (das ist gar nicht als Vorwurf an meine Frau gerichtet, sondern soll nur die Situation beschreiben), die Mediatorin auf dem Praxisschild stehen hatte. Innerlich hüpfte mein Herz: „So schlimm wirds wohl nicht werden, wir werden miteinander sprechen können. Mediation hilft über die Sprachlosigkeit hinweg.“

Ich halte die mediative Haltung als ein Geschenk, um Konfliktparteien aus ihrer Sprachlosigkeit herauszuführen und völlig neue kreative Lösungen gemeinsam mit den Parteien zu entwickeln

Diese Haltung gelingt nicht, wenn ich selbst betroffen bin. Auch ich kann man aus der Haut fahren, sauer werden und vor allem ungerecht werden. Aber als Mediator nehme ich diese besondere Haltung an. Viele, die die Ausbildung zum Mediator gemacht haben, nehmen den Konflikt zwischen zwei Personen als Entwicklungsprozess wahr. Vor allem führt die mediative Haltung dazu, dass die im Konflikt gefangenen Personen wieder miteinander reden. Das tun meine Frau und ich auch wieder. Allerdings sprechen wir insbesondere über die Rechnungen der Anwälte.

Zurück zu meiner besser zu unsrer gemeinsamer Geschichte. Ich war fassungslos, als die ersten Briefe reinflatterten. Ich blickte nochmals auf den Briefbogen: doch da steht Mediatorin. Mediative Haltung? Nein, ich finde Öl ins Feuer geschüttet.

Der Schlusssatz anlässlich meiner letzten Mediationsfortbildung lautete: „Tragt den Geist der Mediation in diese Welt“. Ja, das mache ich gerne. Nicht Konflikt vermeiden, sondern Konflikte lösen und das mit mediativer Haltung. Doch in unserem Fall geht es nur ums Geld, und zwar für den Anwalt. Es kommen große Zweifel auf, ob die Anwältin wirklich helfen wollte, oder einen lukrativen Fall, bei dem durch ein paar scharfe Briefe schnelles Geld zu verdienen ist.

Mit mediativer Haltung hätte die Anwältin es geschafft uns in einen Raum zu bringen, um unsere Kommunikationsblockaden zu lösen und unsere gemeinsame Lösung zu erreichen Sie hätte zwei Medianden, die glücklich sind. Die Mediatorin hätte das gleich Glücksgefühl. Meine Frau und ich haben eine gemeinsame sehr gute Lösung erreicht, die uns beide zufrieden stellt. Für diese Einigung, die wir insbesondere auf Initiative meiner Frau gefunden haben, müssen wir jetzt zweimal eine Einigungsgebühr an meine und an die Anwältin meiner Frau bezahlen. Sehr merkwürdig.

Die Anwältin, die Mediatorin ist, hat ein Teil des kleinen Vermögens ihrer Mandantin durch ihre Rechnung vernichtet. Das muss nicht so sein: Ich kann nur immer wieder leidenschaftlich dafür plädieren, es mit Mediation zu versuchen.

Eine Trennung zweier Menschen ist schon schmerzlich genug. Keiner der Beteiligten wollte das; dennoch trennen sich die Wege. Muss das sein? Nein, man kann auch als gute Freunde auseinandergehen. Die Trennung führt zu Schuldgefühlen, Angst: „Kann ich mich alleine versorgen? Ist meine Altersversorgung ausreichend?“ Aber auch Gefühle werden durch die Trennung verletzt: Wut, Trauer, Enttäuschung….

Hiermit verbunden sind auch noch verletzte Bedürfnisse: Ich werde nicht mehr geliebt, ich gehöre nicht mehr dazu … Diese betrifft ggf. die Verlassene genauso wie den, der verlässt.

In diese Melange von Gefühlswallungen kommen dann noch die Briefe der Anwälte mit den überzogenen Forderungen, vielleicht auch Verletzungen durch den gegnerischen Anwalt. Allein dieser Ausdruck gegnerischer Anwalt“. Die Briefe kommen kann dann auch immer am Freitagnachmittag. Keiner mehr erreichbar. Erst- wenn man Glück hat montags nachmittags erreicht man den eigenen Anwalt (Vormittags noch bei Gericht). Ich finde, das muss man den Eheleuten nicht antun, die sich durch die Trennung schon selber genug quälen.

Gerade heute habe ich in der Zeitung „ Die Mediation“ noch gelesen, dass es auch Aufgabe eines Anwaltes ist, „konfliktvermeidend und streitschlichtend“ zu sein. Dies ergibt sich sogar aus der Berufsordnung der Anwälte.

Von einem eine Mediation begleitenden Mediator erwarte ich, dass er auf die Gefahren einer gemeinsam gefundenen Vereinbarung hinweist und damit zusätzlich zur Entlastung der Parteien beiträgt.

Es bedarf allerdings auch den Mut eines Anwaltes: Er muss Verantwortung an die Prozessbeteiligten (Medianden) abgeben – nicht an den Richter, sondern an den eigenen Mandanten. Gerade diese Fähigkeit unterstreicht seine mediative Haltung. Ich finde es immer wieder beglückend, die Parteien auf die gemeinsame Reise zu begleiten und als Reiseführer auf die Gefahren der Wegstrecke vorbereitet zu sein.

Ich kann euch nur auffordern liebe Mediationskollegen der Anwaltschaft: Bringt den Mut auf und plädiert für die Mediation als Konfliktlösung. Ihr macht die Menschen glücklich und ihr werden euch glücklich sein – trotz geringerem ab er transparentem Honorar

dein

Egbert Schuwardt
Mediator und Coach

Dieser Blogbeitrag ist besonders meiner gerade verstorbenen Schwiegermutter Rosi gewidmet.

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