„Schuwardt, wir müssen reden!“

Es ist Sonntagmorgen. Ina ist an diesem verregneten letzten Augustwochenende wegen der Arbeit nicht nach Wuppertal gekommen. Ich kümmere mich neben einem Seminar um meinen Vater und als wäre es nicht genug, bin ich am kommenden Donnerstag mit Angela zum Podcast über das Buch „Magie des Konflikts“ von Reinhard K. Sprenger verabredet.

Ich habe das Buch schon mehrfach intensiv gelesen. Zettel kleben überall und trotzdem finde ich immer wieder interessante Aspekte.

Also, wer Streit oder Konflikten aus dem Weg geht, erntet nicht unbedingt Frieden. Stichwort Konfliktvermeidung. Was ist denn das Gegenteil von Konfliktvermeidung? Streitsüchtig? Gegenteil von Krieg ist Frieden?

Ist das so einfach? Ich habe mal auf diese Aussage das Wertequadrat von Schulz von Thun drübergelegt.

Wie sieht das denn dann aus?

Im unteren Teil des Modells sind die Übertreibungen aufgeführt. Wer seine Friedlichkeit übertreibt, der vermeidet Konflikte, wer zu kritisch ist, wird sehr schnell ein streitbarer Mensch.

Der streitbare Mensch kann sich weiter entwickeln, indem er sich in Richtung Friedlichkeit entwickelt und der konfliktvermeidende Mensch entwickelt sich in Richtung kritischer Mensch.

Oder wie wir mit anderen Worten sagen: Jede Medaille hat zwei Seiten. Wenn ich die Kehrseite der Medaille negiere, so kann ich als Führungskraft sehr schnell totalitär werden. Lass uns in den Dialog treten, damit ich auch deine Sichtweise verstehe. Streitbare Menschen sind genauso wertvoll wie friedliche Menschen und konfliktvermeidende Menschen haben ebenso in einem System ihre Daseinsberechtigung wie die kritischen Menschen. Blende ich die Gegenseite vollkommen aus, so kann dies zu einer Intoleranz des Andersdenkenden führen.

Ich will am frühen Sonntagmorgen keinen zum Streit animieren, eine kritische Sichtweise passt da zumindest besser in mein Werbekonzept. Und dennoch finde ich mein Wertequadrat – je mehr ich mir das ansehe und einen weiteren Tee getrunken habe, immer stimmiger.

Die Übertreibung der Friedfähigkeit zur Konfliktvermeidung ist ebenso ungesund wie die Übertreibung einer kritischen Sichtweise zur Streitbarkeit.

Konfliktvermeidung führt also nicht zwangsläufig zu einem friedlichen Leben. Eine Entwicklung von der Konfliktvermeidung zu einer kritischen Sichtweise ist eine Weiterentwicklung, genauso, wie uns jeder Konflikt ein wenig weiterbringt.

Insoweit liegt im Konflikt eine Magie, ein Zauber.

Also lass uns mit diesem Gedanken in den Tag starten. „Schuwardt, wir müssen reden!“

Dein Egbert Schuwardt
Mediator | Coach | Berater

 

[1] Reinhard K. Sprenger, Magie des Konflikts, Seite 114

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