Mir ist wieder ein gutes Buch unter die Finger gekommen, über das ich ein wenig schreiben möchte, obwohl ich es noch nicht zu Ende gelesen habe. Das Thema faszinierte mich bereits nach ein paar Seiten: „Die zweite Chance, warum wir (nicht alles) verzeihen sollten!“ von Susanne Boshammer

Das Thema Verzeihen und Entschuldigen beschäftigt mich in Mediationen immer wieder. Es sind die großen Momente und Wendepunkte, wenn es in einer Mediation zum „Verzeihen“ kommt. Heute mit unseren Abstandsregeln ein besonderes Thema, weil Verzeihen oder Versöhnen auch mit sehr viel Emotionen zu tun hat, da ich heute einem Menschen nicht mit einem Handschlag begegnen kann.

Worum gehts in dem Buch?

Es geht um Verzeihen und Entschuldigen. Worte, die wir häufig sehr gelassen verwenden. „Ich verzeihe dir“, oder noch schlimmer „ich entschuldige mich……“.
Über letztes will ich später noch schreiben. Was heißt nun verzeihen?

Jeder kennt das starke Gefühl, was uns überkommt, wenn wir einem anderen Menschen Unrecht getan haben und mir verziehen wird. Die zweite Chance wirkt so erleichternd, dass ich nicht selten so motiviert bin es künftig besser zu machen.

Hannah Arendt hat diese entlastende Wirkung als „Befreiung von der Vergangenheit“ beschrieben. Wenn wir besonders schmerzhafte Erfahrungen gemacht haben, so möchten wir am liebsten alles vergessen. Das gelingt uns leider nicht. Bei schönen Momenten genießen wir die Erinnerung; aber leider sind es auch verletzende Erinnerungen, die wir nicht vergessen.

Ich habe die Vorstellung, wenn ich einem Menschen, der mir Unrecht angetan hat, verzeihe, dass damit auch das Vorgefallene aus meinem Gedächtnis gestrichen sei. Dies ist leider ein Trugschluss. Der Wille zu vergessen ist Ausdruck der Bereitschaft zu vergeben. Es hat allerdings schon einen Grund, dass wir (auch negative) Dinge in Erinnerung behalten.
„Vergeben und Vergessen“. Bei dieser Einstellung werfen wir kostbare Erfahrungen aus dem Fenster.

Wer um Vergebung bittet und wer Vergebung gewährt, dem geht es nicht darum die Vergangenheit loszuwerden, sondern die Beziehung zu reinigen. Wir können auch nur eine Bitte zur Vergebung aussprechen. Wer diese Bitte ausspricht, der spricht auch sehr deutlich über seine eigenen Gefühle. Ich liefere mich damit demjenigen aus, den ich um Vergebung bitte.

Susanne Boshammer hat ein schönes Bild beschrieben: Vergebung hat mit der Bereitschaft zu tun, Gras über eine Sache wachsen zu lassen. Der Boden wird bereitet, um aus ihm etwas Neues, Lebendiges wachsen zu lassen. Der Geruch von frischem grünen Gras macht für mich dieses Bild komplett.

Was ist nun Entschuldigen?

Ich habe das Schreiben an diesem Blogbeitrag unterbrochen uns sitze nun an meinem Stehpult und ein paar Kerzen bringen eine schöne warme Stimmung und das Glas Wein regt die Gedanken an …
Entschuldigung: Mein Onkel Achim sagte schon: Du kannst dich nicht entschuldigen. Du kannst nur um Entschuldigung bitten und hoffen, dass deine Bitte angenommen wird.

Streng genommen kann ich noch nicht einmal diese Bitte äußern. Jemand ist entschuldigt, weil er für die Verletzung meiner Ansprüche nicht verantwortlich ist. Das 2-jährige Mädchen, dass die Uhr des Vaters die Treppe runterwirft, ist entschuldigt.

Die Bitte um Entschuldigung ist überflüssig, wenn ich nicht pünktlich zum Termin erscheinen konnte, weil ich im Stau gestanden habe. Ich kann doch gar nichts dafür. Der Unterschied zwischen Entschuldigung und Verzeihen betrifft also die Schuldfrage. Entscheidend ist, ob ich Verantwortung für mein Handeln übernehmen kann.
Vergebung braucht also nur derjenige, der sich nicht zu entschuldigen braucht. Hört sich crazy an.

Was meinst du dazu? Ich finde es spannend, mit dir über dieses Thema zu diskutieren. Schreib mir einfach eine Mail an egbert@schuwardt.de
Ich freue mich auf dein Feedback.

dein Egbert Schuwardt
Mediator und Coach

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Ein Kommentar

  1. Vielen Dank für die Auseinanderhaltung von Verzeihen und Entschuldigen. Ein Stück Weisheit konnte ich mitnehmen – wobei das Zitat: „Bei dieser Einstellung werfen wir kostbare Erfahrungen aus dem Fenster.“ besser hinterfragt werden sollte, in wie weit diese belastbaren Erfahrungen unser Leben beeinfluss werden können. Aber wahrscheinlich bietet das Buch die detaillierte Version 🙂

    Gruß

    dideldei

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