Schuwardt, wir müssen reden,
In der vergangenen Woche hatte ich den dritten Block meiner Supervisionsfortbildung in Oldenburg. Schwerpunkt in dieser Woche war das Thema der unterschiedlichen Wahrnehmung aller Beteiligten an einem Supervisionsprozess.
Natürlich führt die unterschiedliche Wahrnehmung und die unterschiedliche Perspektive auch immer wieder zu Konflikten zwischen Menschen.
Als Mediator habe ich mich nochmals mit dem Thema Wahrnehmung in der Mediation beschäftigt.
Die unterschiedliche Wahrnehmung der Beteiligten in einer Mediation
In der Mediation treffen oft Menschen mit gegensätzlichen Standpunkten aufeinander. Konflikte entstehen nicht nur durch objektive Tatsachen, sondern auch durch unterschiedliche Wahrnehmungen der Beteiligten. Jeder Mensch nimmt Situationen durch seine eigene Brille wahr, die durch Erfahrungen, Emotionen und individuelle Wertvorstellungen geprägt ist. Diese subjektiven Realitäten können das Verständnis erschweren, aber auch den Schlüssel zur Lösung eines Konflikts darstellen.
Subjektivität der Wahrnehmung in Konflikten
Unsere Wahrnehmung wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst. Psychologische Mechanismen wie selektive Wahrnehmung, kognitive Verzerrungen oder emotionale Betroffenheit sorgen dafür, dass wir bestimmte Aspekte eines Konflikts überbetonen und andere ausblenden. Ein klassisches Beispiel ist das „Feindbild-Denken“: Wer sich im Konflikt befindet, neigt dazu, die eigenen Argumente als rational und gerecht zu sehen, während die Position des Gegenübers als unvernünftig oder gar feindlich erscheint.
In einer Mediation zeigt sich oft, dass beide Seiten das Gefühl haben, im Recht zu sein. Dabei wird jedoch oft übersehen, dass es keine objektive Wahrheit gibt, sondern verschiedene Wahrnehmungen der gleichen Situation.
Als Mediator helfe ich dabei, diese unterschiedlichen Perspektiven offenzulegen und für ein besseres gegenseitiges Verständnis zu sorgen.
Die Rolle der Emotionen
Emotionen spielen eine große Rolle in Konflikten und beeinflussen, wie eine Situation wahrgenommen wird. Wut, Enttäuschung oder Angst führen dazu, dass Menschen selektiv Informationen aufnehmen, die ihre Gefühle bestätigen. Ein Konflikt zwischen Kollegen kann beispielsweise durch einen einzigen kritischen Kommentar eskalieren, weil es von einer Seite als persönlicher Angriff empfunden wird, während die andere Person es lediglich als konstruktive Kritik verstanden hat.
Als erfahrener Mediator erkenne ich solche emotionalen Dynamiken und unterstützt die Beteiligten dabei, ihre Gefühle zu reflektieren. Durch gezielte Fragen und Techniken wie aktives Zuhören oder Perspektivwechsel ermutige ich die Beteiligten, Sichtweisen zu erweitern und Empathie für die Gegenseite zu entwickeln.
Kommunikationshürden überwinden
Ein weiteres Problem in der Mediation ist, dass Konfliktparteien häufig aneinander vorbeireden. Fehlinterpretationen, Vorurteile oder eingefahrene Denkmuster verhindern eine offene Kommunikation. Eine Person kann beispielsweise eine sachliche Aussage als Vorwurf auffassen, weil sie aufgrund früherer Erfahrungen mit ähnlichen Situationen rechnet.
Als Mediator baue ich diese Kommunikationshürden ab. Durch Techniken wie das Spiegeln von Aussagen oder das Zusammenfassen von Standpunkten kann ich sicherstellen, dass die eigentliche Botschaft einer Person von der anderen korrekt verstanden wird. Dies hilft, Missverständnisse zu vermeiden und einen konstruktiven Dialog zu ermöglichen.
Der Perspektivwechsel als Schlüssel zur Lösung
Einer der wichtigsten Schritte in einer Mediation ist der Perspektivwechsel. Wenn die Beteiligten bereit sind, sich in die Lage des anderen zu versetzen, können sie oft erkennen, dass der Konflikt nicht nur aus einer einzigen Wahrheit besteht.
Als dein Mediator unterstütze ich diesen Prozess durch gezielte Fragen wie:
„Wie würden Sie sich an seiner Stelle fühlen?“
oder
„Was denken Sie, welche Bedürfnisse Ihr Gegenüber hat?“.
Wenn es gelingt, Empathie und Verständnis füreinander zu entwickeln, entsteht Raum für kreative Lösungsansätze. Anstatt sich auf Positionen zu versteifen, können die Beteiligten beginnen, gemeinsam nach Möglichkeiten zu suchen, die für beide Seiten akzeptabel sind.
Zum guten Schluss
Die unterschiedliche Wahrnehmung der Beteiligten stellt eine der größten Herausforderungen in der Mediation dar. Individuelle Erfahrungen, Emotionen und Kommunikationsmuster beeinflussen, wie Konflikte wahrgenommen und interpretiert werden.
Ich kann dabei helfen, diese Differenzen zu überbrücken, indem ich für Klarheit, Verständnis und gegenseitige Empathie sorge. Letztendlich kann eine Mediation dann erfolgreich sein, wenn die Beteiligten bereit sind, ihre eigene Wahrnehmung zu hinterfragen und sich auf neue Sichtweisen einzulassen.
Ist das ein Versuch wert? Ich denke ja,
Dein Egbert Schuwardt
Mediator | Coach | Supervisor